Das Hundertste Jahr

von Gerhard Ruiss

Szenische Lesung

mit: Jochen Ganser, Heinz Gubler, Johannes Rausch,  Anna Maria Tschopp, Birgit Unger, Sabine Wöllgens    

Die Zeitungen haben uns versprochen, daß wir den Krieg gewinnen werden, und wie wir ihn nicht gewonnen haben, haben sie uns versprochen, es wird besser werden, und wie es nicht besser geworden ist, haben sie uns versprochen, daß wir den nächsten Krieg gewinnen werden, und wie wir den nächsten Krieg nicht gewonnen haben, haben sie uns versprochen, es wird uns keiner die Schuld daran geben, daß es so gekommen ist.    

Die bitterböse Revue über eine Reihe von "Jubiläen" der österreichischen Geschichte beginnt mit dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs 1914. Als Bühne für diese Ereignisse dient ein Kaffeehaus, das immer wieder seinen Zustand und seinen Namen ändert. Werden in der "Wiener Konfiserie" in Sarajevo auf den Tortenvitrinen die Leichen der  "Thronfolger"  provisorisch analysiert, so begegnet uns bei der Wiedereröffnung in Wien als "Café Sarajevo" ein glückloser Gipstortenbauer namens Schickelgruber, der als Aushilfskellner an der Aussprache des Wortes "Powidltatschkerln" scheitert - und weil er beim Servieren zu oft den rechten Arm hochreißt. 1944 - eine Umbenennung in Café Staatsmann schien inzwischen angeraten - schickt die Serviererin eine Taube in den Volkssturm, damit auch sie ein Opfer zu beklagen habe, die Speisekarte hat indes nur noch heißes Wasser und Gipstorten zu bieten. In mehr als dreißig Rollen kommen neben Personal und Gästen u.a. mehrere Völker, der Kaiser,  ein Postbeamter, ein Oberkommandierender, Kühe, Kirchenglocken, Hubschrauber und Fanfaren zu Worte. Die letzten Urteile über das zur Branntweinstube verkommene Kaffeehaus sprechen fünfzig Jahre später ein Immobilienmakler und ein Altwärenhändler, der immerhin noch ein kleines Blechschild entdeckt: Austria erit in orbe ultima. Fohmarkt. Abtransport. Viel mehr wird es nicht werden.

Das Theater der Figur präsentiert das Stück in einer szenischen Lesung unter Einsatz von Musik, Geräusch, Video und Objekttheater während des Festivals „Luaga & Losna“ 

am 2. September 2014 um 20 Uhr im Theater am Saumarkt, Feldkirch 

 

Gerhard Ruiss

wurde 1951 im niederösterreichischen Ziersdorf geboren. 1959 zog er mit seiner Familie nach Wien. Er erlernte den Beruf des Schriftsetzers und arbeitete von 1969 bis 1978 in diesem Beruf sowie als Reproduktionsfotograf. 1972 erfolgten erste literarische Veröffentlichungen. Seit 1978 ist er als freiberuflicher Autor, Kulturpublizist, Aktionist, Musiker, Schauspieler, Entertainer, Regisseur, Moderator, Universitätslehrer und Vortragsreisender tätig. Gerhard Ruiss schreibt Gedichte, dramatische Kurztexte, aber auch Schlagertexte oder komponiert diese um. Seine publizistischen Arbeitsschwerpunkte sind beispielsweise Österreichthemen, Verlagswesen, Buchmarkt, Urheber- und Vertragsrecht, Gegenwartszensur, Untersuchungen zur Situation der österreichischen Gegenwartsliteratur. Seit 1982 ist Gerhard Ruiss Geschäftsführer der IG Autorinnen Autoren. Von 1987 bis zu seinem Austritt  1989 war er zudem Vize-Präsident der Grazer Autorenversammlung. Heute lebt und arbeitet er in Wien.

  

 

Theater der Figur

 

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